
Hörst du das Raunen in der Nacht
Raue Tage sind entfacht.
Der Tag ist kurz, die Nacht ist lang,
kalt, hart, still liegt alles da.
Werde des Unsichtbaren gewahr.
Frösteln, schauern, sich still zusammen kauern,
in der Stille offenbart sich leise
der Samen für die Weiterreise.
Mond und Sternenlicht dich führen,
öffnen dir verborgne Türen
Jeanne Ruland
Um mehr über diese Zeit zwischen den Jahren zu erfahren, berichtet uns Doris Wirtz, Kräuterfachfrau ausführlich über Ursprung, Sittten & Bräuche der Raunächte.
Die Themen
- Was sind die Raunächte?
- Der Ursprung der Raunächte
- Brauchtum zu den Raunächten
- Weiterführende Literatur
Ein Gastbeitrag von Doris Wirtz, Kräuterfachfrau
Was sind Raunächte?

Die Raunächte bezeichnen die Zeit zwischen den Jahren, die Niemandszeit, Übergangszeit, mystische Zeit. Die geistige Welt erwacht zum Leben und zieht umher. Alte Strukturen werden aufgebrochen, damit neue entstehen können.
Man nennt die Raunnächte auch Rauhnächte, Rauchnächte, Wölfsnächte oder Wolfsmonde (die Wölfe heulten in dieser kalten kargen Zeit vor Hunger und kamen näher an die Häuser der Menschen), Glöckelnächte (es war die Zeit, wo man sich gegenseitig besuchte und in verschiedenen Regionen die traditionellen kirchlichen Glocken läuteten, als Schutz vor bösen Geistern) oder auch Weihnächte von Weihe-Nacht, das fest zu den geweihten Nächten gab letztlich Weihnachten (aber erst im 12.Jh.) die Christnacht.
Ruch = haarig, was auf das Fell der Tiere hinweist, dementsprechend gibt es zahlreiche Rituale rund um das Vieh, aber auch Maskenzüge, bei denen Tierfelle getragen wurden, um die bösen Geister zu vertreiben. Die Pelzkleidung bezeichnete man früher auch als „Rauchware“ und war auch ein Hinweis auf die in Pelz gekleideten Dämonen.
Ein besonders Phänomen der Raunächte soll sein, das die Tiere in dieser Zeit sprechen können, sie sollen sich über die Untaten ihrer Besitzer austauschen und diejenigen, die sie im laufenden Jahre nicht gut behandelt haben, sollen bestraft werden. Daher wurden die Tiere in dieser Zeit mit gutem Futter bestochen. Besonders Hunde und Pferde sollen in dieser Zeit viel über die Zukunft zu sagen haben.
Eine andere Bedeutung verbindet die Raunächte mit dem „Raunen“ der Ahnen.
In den Raunächten zwischen den Jahren findet im Norden die „Wilde Jagd“ statt. Odin oder Wotans reitet mit seinem geisterhaften Heer im Sturm durch die Welt, auf der Suche nach der Sonne. Odin gilt als der Gott des Todes und der Ekstase. Während den Zwölfen wird die dünne Grenze zwischen den Welten von der wilden Jagd überschritten. Man muss sich deshalb draußen in Acht nehmen, dass man nicht hineingerät und mit gerissen wird.
In manchen Regionen wird die Tradition des Perchtlaufs gepflegt. Die Sagengestalt Frau Percht reitet ebenfalls mit ihrem großen wilden Heer aus Fruchtbarkeitsgeistern durch die Nacht um die schlafende Natur wieder zu erwecken.
Die Menschen hatten daher Angst in dieser Zeit vor der umherziehenden wilden Meute und verschlossen fest ihre Fenster und Türen und suchten Schutz vor der Dunkelheit. Für die Ahnen und die umherziehenden Geister wurden Lichter angezündet oder Opferspeisen z.B. Äpfel, Nüsse im Kamin geopfert oder unter den Holunder oder Wacholder gestellt, es wurde immer ein Platz am Tisch frei gehalten, Essen vom Festmahl ließ man am Tisch stehen, einmal um Respekt zu zeigen und zum anderen um ihre Botschaften zugeraunt zu bekommen. Auch wurde die Tür der Speisekammer nicht verschlossen und in den Schlafkammern ein Bett frei gehalten.
Ein beliebtes Dankopfer der Germanischen Stämme war das „Julbier“, das Bier wurde den ganzen Winter und insbesondere in die zwölf Nächte getrunken, denn es war einen wichtige Zeit des Ahnengedenkens.
Die Ahnen glaubten , das die Vegetationsgötter sich im Grün der Zweige in der dunklen Jahreszeit zurück ziehen und schmückten ihre Häuser mit den immergrünen Zweigen und Lichtern um diese Vegetationskraft im Tannengrün zu erhalten und zu erwecken. Weitere immergrüne Pflanzen, die in der Wintersonnenwendenzeit dazu gehörten sind neben der Tanne, die Mistelzweige, die Stechpalme und der Beifuß, sowie weitere Sonnen- und Lichtpflanzen zum Räuchern sind Arnika, Johanniskraut, Königskerze und das getrocknete Gänseblümchen.
Die Frauen trafen sich in der dunklen Jahreszeit zum Räuchern, das Feuer steht als Symbol für die Sonne, Altes wurde abgegeben damit Neues entstehen konnte. Die Reinigung von Haus und Hof ,die Heilkunde und Pflege von Kindern, Alten und Tieren sowie die Energiearbeit war immer Frauensachen und diese räucherten in den bekannten 12 Raunächten, aber auch zu weiteren besonderen Nächten im Jahresverlauf den sogenannten Lostagen.
Rauch = Wort für Räuchern oder auch für die rauchig, nebeligen Tage und Nächte dieser Zeit.
Der Ursprung der Raunächte
Ein Mondjahr besteht aus 12x 28 tätige Mondzyklen, damit aus 354 Tagen. Bis zu den 365 Tagen des Sonnenjahres fehlen demnach zwölf Nächte. Diese elf bis zwölf Nächte beginnen am 24. / 25.Dezember also in der Heiligen Nacht, ein Fest der Familie und der Einheit. Um 24.00 Uhr in dieser Nacht ist der eigentliche Beginn der Raunächte.
Je nach Region beginnen die Raunächte auch bereits in der Thomasnacht am 20./ 21.Dezember, Wintersonnenwende und in der Nacht vom 5./6. Januar, dem Dreikönigstag/ Epiphanianacht schließen sich die feinstofflichen Tore wieder.

Frau Holle hat das Schicksal gewogen, bemessen und zeigt nun deutlich, wie es weitergeht. Fleißige Menschen, die anderen viel Gutes getan haben werden belohnt, faule, gierige und eigennützige Menschen sollten zur Umkehr gemahnt werden. An diesem Tag ziehen die Sternsinger um die Häuser und schreiben mit geweihter Kreide die Buchstaben C+M+B über die Haustüren, sie sollen das Haus vor Brand, Unwetter und Einbruch schützen.
Früher war es Brauch Glücksmünzen zu verschenken oder sie in ein Brot oder einen Kuchen einzubacken. Wer das Stück mit der Münze erhält, wird im neuen Jahr Glück haben.
Dazwischen liegt die Silvesternacht am 31. Dezember / 1. Januar, der Neujahrstag mit dem Übergang in ein neues Jahr und der Möglichkeit Dinge zu verändern, sie neu zu formen, sie anders zu gestalten, mit guten Vorsätzen für das neue Jahr, Hufeisen wurden aufgehängt, um Haus und Hof zu schützen und das Glück einzuladen, Schornsteinfeger und Müllmänner bringen Glück, man sollte ihnen die Hand schütteln, die Schuppe vom Neujahrskarpfen wurde in die Geldbörse gelegt, damit im neuen Jahr immer genug Geld drin ist, ähnlich die Linsensuppe und Sauerkraut als typische Neujahrsgerichte.
Diese Tage sind sozusagen außer der Reihe- aus dem normalen Jahresrhythmus gefallen und das macht sie so magisch besonders und mystisch.
Alles ist still, die Natur ruht, das Jahresrad steht still- und es ist eine Zeit, wo eine ganz besondere Energie um die Erde geht, die für Mensch und Tier zum Segen sein kann- die Tiere im Stall bekommen besonders Futter Mais und Möhren, für die Tiere im Wald legt man Äpfel aus und Heu und die Vögel bekommen die letzten aufbewahrten Sonnenblumenkerne.
In der Heiligen Nacht beginnt das Korn zu keimen, das im Herbst in die Erde gelegt wird und auch die Jagd ruhte, weil die Schwangerschaft des Wildes vom Herbst ruhte und das Wachstum nun in der Heiligen Nacht beginnt.
Brauchtum zu den Raunächten
Für die Germanen waren die Raunächte eine besondere, eine heilige Zeit, die mit vielen abergläubischen Traditionen verbunden waren.

- In der Zeit der Raunächte standen alle Räder still, weil die drei Schicksalsgöttinnen aus den Träumen, Wünschen und Gedanken der Menschen in dieser Zeit das neue Jahr weben. Und damit nichts dazwischen kommt, durften die Frauen nicht am Spinnrad spinnen und kein Mühlrad sich drehen- alle Arbeit am Hof kam zum Erliegen
- Frau Holle und die Bethen (Ambeth, Wilbeth und Boreth, die zu den Schutzheiligen Katharina, Barbara und Margaretha wurden) werden in dieser Zeit verehrt
- Wer etwas verliehen oder sich geliehen hatte, sollte die Angelegenheiten vor den Raunächten erledigt haben, um Krankheit und Schwächen im kommenden Jahr zu vermeiden
- Alles was mit Unordnung und Verlust zu tun hat, sollte vor dieser Zeit des Umbruchs abgearbeitet sein oder vermieden werden, da es sich sonst im kommenden Jahr verschärfen wird
- Es wurde in dieser Zeit nicht gewaschen, da die Wäsche nicht aufgehängt werden konnte, da man Angst hatte, die umherziehende „ Wilde Jagd“ könnte sich in der Wäsche verfangen oder das weiße Betttuch als Leichentuch im kommenden Jahr zurück ins Haus bringen, oder Krankheit und Unheil könnten sich darin verfangen
- Vor den Raunächten musste gründlich geputzt und aufgeräumt werden, weil Dreck und Unordnung böse Geister anlockt- im Verständnis der Ahnen waren Krankheiten Geister/ Dämonen
- Die Arbeit auf dem Feld ruhte und die Zeit wurde genutzt um Haus und Hof in Ordnung zu stellen und Werkzeuge und Gartengeräte in Stand zu setzten
- Die heilige Zeit mit ihrer besonderen Energie war eine gute Zeit um Besen aus Birkenzweigen zu binden, weil diese besonders energetisch wirksam waren beim Ausfegen von Geistern im Stall und Hof
- Man nutzte die Zeit für die Familie und Nachbarn und Freunde zu besuchen
- Zeit zum Feiern und Orakeln
- Haus und Hof wurden ausgiebig geräuchert, um Mensch und Tier, Hab und Gut zu beschützen und (Krankheits-)Dämonen zu vertreiben, Unheil abzuwenden, und um sich für das neue Licht und das neue Jahr bereit zu machen. Meist ging die Älteste des Hauses oft mit der gesamten Familie, mit einer Kohlenschüppe voll Glut voraus und räucherte das ganze Haus mit Schutz- und Segenskräuter vom Keller bis zum Dachboden, ebenso den Hof, die Tiere und die Stallungen, um die schlechte Energien sowie Krankheiten zu vertreiben. Später übernahm vorzugsweise der Pfarrer oder der Hausherr unter Verwendung von Weihrauch die traditionellen Räucherungen
- Der gesegnete Kräuterbuschen von Maria Himmelfahrt wurde zusammen mit fein zerstoßenen Tannenharz verräuchert
- Wer in der Zeit der Raunächte geboren wurde, soll eine besondere Beziehung zur Magie haben, hellsichtig oder anderweitig magisch begabt sein
- …
Vorbereitungen für die Raunächte aus heutiger Sicht:
- Alle geliehenen Sachen zurückbringen
- Schulden begleichen
- Rechnungen bezahlen
- Alte Angelegenheiten klären
- Rückschau halten: wer hat mich in diesem Jahre unterstützt, wem möchte ich danken, wer hat mir nicht gut getan und Energie ab gezogen, was war schön in diesem Jahr, was hat sich verändert, was lasse ich zurück, was nehme ich mit…
- Betrachten Sie ihre Wurzeln, ihre irdische Familie, auf welchem Fundament stehe ich, was möchte Heilung erfahren
- Menschen zum Dank ein kleines Geschenk schicken oder geben z.B. Lichtgeschenke
- Putzen und aufräumen
- Essen für Vögel und andere Tiere hinstellen
- Geschenke mit guten Wünschen an die Wurzeln meines Lieblingsbaum stellen
- Räucherwerk besorgen
- Ein Licht für die Ahnen brennen lassen, die vor Ihnen da waren und Ihren Weg geebnet haben
- Evtl. ein Raunacht Tagebuch schreiben und alle Ereignisse und Träume um sich herum genau beobachten
Weiterführende Literatur

- „Das Geheimnis der Rauhnächte“ , Jeanne Ruland
- „Räuchern mit heimischen Kräutern“ Marlis Bader
- „Kraft und Magie der Heilpflanzen“ Rudi Beiser
- „Raunächte das Koch-Lesebuch“ Isabella Farkasch
Vier Rauhnächte haben Gewicht,
zeigen dir Licht und Schattengesicht,
zwei „feiste“ (24.12. und 5.1.)
und zwei „magere“ (21.12. und 31.12.)
Heilig und gefährlich,
hier wird das Schicksal ausgehandelt
und das Leben neu gewandet.
Bete, faste, Wandersmann,
damit dir nichts geschehen kann.
Jeanne Ruland