In unserer Serie über Menschen mit grünem Daumen stelle ich Ihnen heute Doris Wirtz vor. Sie ist „Kräuterfachfrau“ und gibt ihr immenses Kräuterwissen gern an Interessierte weiter. Hier erzählt sie, was Heilkräuter alles können und was vor allem wir mit den Heilkräutern alles lernen können.
Liebe Doris, stell‘ dich doch bitte kurz vor und erzähl‘ uns, wie du zu deinem Kräuterwissen gekommen bist.
Mein ganzes Leben lang habe ich mich für Garten und Natur interessiert und mich immer gern in der Natur aufgehalten. Als ich dann nach 40 Jahren meinem Beruf als Krankenschwester nicht mehr ausüben konnte, habe ich mich ganz der Naturheilkunde gewidmet und eine 2- jährige Ausbildung zur Kräuterfachfrau bei PhytAro, Heilpflanzenschule Dortmund begonnen, der dann bis heute viele weitere Aus- und Weiterbildungen folgten.
Hast du Lieblingspflanzen, die deine Freude an Pflanzen und Kräutern geweckt haben?
Es gibt für mich keine Lieblingspflanzen, denn ich mag sie alle gleichermaßen, aber ich konnte über die Jahre beobachten, dass in einem Jahr bestimmte Heilpflanzen vermehrt meine Aufmerksamkeit forderten und andere auch weniger präsent waren.
So gab es z.B. vor der Coronakrise reichlich Lungenkraut, Huflattich und Spitzwegerich für 2 Jahre, in diesem Jahr ist eher der Gundermann zahlreich zu finden, eine alte Heilpflanze, die bereits von unseren Vorfahren zur Entgiftung und bei entzündlichen, eitrigen Prozessen gebraucht wurde. Auch zeigt sich vermehrt Johanniskraut, eine besondere Lichtpflanze, die uns hilft wieder mehr in die Freude, Leichtigkeit und Vitalität zu kommen.
So schenkt uns die Natur immer wieder die passenden Heilkräuter, dort wo wir sie brauchen.
Wo verläuft eigentlich die Grenze zwischen Heil- und Würzkräutern? Und welche der Würzkräuter haben eine besondere Wirkung auch als Heilkräuter oder sind besonders wertvoll in Hinblick auf ihre Inhaltsstoffe?
Unsere Vorfahren haben die Wildkräuter auch als Würzkräuter benutzt, zum einen als Würze für ihre Speisen aber auch zum Haltbarmachen der Ernte und als Heilapotheke wie Wacholder, Nelken, Knoblauch, Salbei, Lorbeeren. Die Apfelernte wurde auf Rainfarnblätter gelegt, um die Äpfel länger haltbar und frisch zu halten.
Um z.B. die Geburt für Mutter und Kind zu erleichtern wurde das Bett mit duftenden, entspannenden und heilenden Kräutern ausgelegt, den „Maria Bettstroh-Kräutern“. Verschiedene Schutzkräuter wurden verwendet, um Krankheiten bei Mensch und Vieh abzuwehren.
Wildpflanzen haben viele natürliche Inhaltsstoffe, da sie sich gegen allerlei Unbill in der Natur wehren müssen, die leider in unseren Nahrungsmitteln aus der Kultur rausgezüchtet worden sind. Dazu gehören vor allem die wichtigen Bitterstoffe, die für unseren Stoffwechsel, Verdauungsorganen und Immunabwehr wichtig sind. Gerbstoffe fördern die Verdauungssäfte und schützen uns vor Infektionen.
Zahlreiche ätherische Öle in vielen Mediterranen Heilpflanzen (Lavendel, Thymian, Salbei, Bohnenkraut) schützen nicht nur die Pflanzen vor Fressfeinden, sondern wirken antibakteriell, antiviral und pilzfeindlich und sind eine wertvolle Hilfe für den Menschen.
Dazu haben Wildkräuter oft um ein Vielfaches mehr an natürlichen Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen als der Salat aus dem Supermarkt. Die Inhaltsstoffe sind nicht immer gleich, da sie von Standort zu Standort variieren.
Welche Kräuter gehören für dich in jeden Garten?
In meinem Garten sind mir alle Pflanzen herzlich willkommen, so wachsen Spitzwegerich, Löwenzahn und Gänseblümchen neben Giersch, Stauden und einjährigen Gemüse- und Blühpflanzen. So gibt es bei mir keine „Unkräuter“ sondern nur „Beikräuter“, und ich freue mich über eine abwechslungsreiche, vitalstoffreiche und schmackhafte Wildküche.
Wie ist es bei der Ernte und Konservierung? Gibt es Regeln, welche Kräuter man am besten trocknet – und wie – und welche man frisch konservieren sollte?
Einige Kräuter mögen nicht getrocknet werden, z.B. Bärlauch und Spitzwegerich sollten immer frisch verwendet werden, mit dem Trocknen verlieren sie ihre hoch wirksamen Heilstoffe. Alternativ können Kräuter auch für den Winter in Öl, Honig, Essig oder Salz eingelegt und konserviert werden. Kräuter lassen sich auch gut einfrieren, klein geschnitten mit etwas Öl im Eiswürfelbehälter portioniert für Gemüse- und Pfannengerichte oder in Kräuterbutter und Pesto. Pflanzenpulver oder mit Samen und Kräutern in Würzsalz-Mischungen.
Rund um die Kräuter gibt es auch Jahreskreisfeste (z.B. Lichtmess, Frühjahrstagundnachtgleiche, Walpurgis, Sommersonnenwende, Herbstanfang). Warum ist es wichtig, diese Feste wieder zu würdigen und zu feiern, und welche hältst du für besonders bedeutsam?
Als Menschheit sollten wir alle gemeinsam für den Erhalt unserer Natur und Mutter Erde zusammenstehen und uns mit Dankbarkeit begegnen, denn sie ist es, die uns ernährt, unsere Welt bunt und lebenswert macht und uns die Luft reinigt, die wir zum Leben brauchen. Rund 95 % unserer Artenvielfalt ist bisher unerforscht und vieles haben wir aus Unwissenheit und Unachtsamkeit bereits zerstört. Wir glauben z.B. alle Inhaltsstoffe eines Gänseblümchens analysieren zu können, doch kennen wir nicht wie die vielen Wirkstoffe synergetisch miteinander wirksam sind, noch können wir im Labor ein Gänseblümchen erschaffen!